Besucherzentrum für das Neue Palais im Schlosspark Sanssouci, Potsdam, Umbau und Neubau 2013

  • Bauherr
    Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG)
    Wettbewerb
    Zuschlag, Verhandlungsverfahren 2010
    Realisierung
    2010-2013
    Leistung
    LP 2-9
    BGF
    1.830 m²
    NF
    780 m²
    Baukosten
    5,67 Mio. €

     

    » zum Nordtorgebäude

  • Südlich des Neuen Palais, am Südtor im Potsdamer Schlosspark Sanssouci gelegen, wurde das ehemalige Wachgebäude von Carl von Gontard aus dem 18. Jahrhundert zu einem modernen Besucherzentrum mit Informationsräumen, Kassen, Museumsshop und Gastronomie für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) umgebaut. Nach dreijähriger Planungs- und Bauzeit eröffnete das Besucherzentrum zum Saisonbeginn am 29.03.2013 offiziell für Park- und Palaisbesucher.

    Der Umbau und die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden kleinen Gebäudeensembles ist Teil des Sonderinvestitionsprogramms für die Preußischen Schlösser und Gärten, welches im Rahmen eines Masterplans aus dem Sommer 2009 mit dem Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg festgelegt wurde. Durch dieses Abkommen steht der SPSG eine Summe von rund 155 Millionen Euro für die Rettung nationaler Kulturgüter zur Verfügung. Der Masterplan sieht vor, den Besucherservice der SPSG zu verbessern und besonders schwer geschädigte Bauten und Gartenanlagen zu sanieren. Der Schwerpunkt dieser Vorhaben liegt bei den zum UNESCO-Welterbe zählenden Schlössern in Berlin und Potsdam.

    Im Zuge eines Verhandlungsverfahrens im Jahr 2010 erhielten Rüthnick Architekten den Auftrag für die Realisierung des Umbaus des Südtorgebäudes.

    Das Südtorgebäude wurde unter Friedrich dem Großen nach Entwürfen von Carl von Gontard 1768 / 69 als Wachgebäude für das Neue Palais errichtet und gehört somit zum architektonischen Ensemble des am westlichen Randbereich des Park Sanssouci gelegenen Palais. Das Gebäude ist als dreiflügelige Anlage konzipiert worden. Seine Schaufassade zeigt nach Osten, dem Park entgegen. Hier befand sich ursprünglich der mit einer säulenbegrenzten Loggia betonte Eingang zur Dreiflügelanlage. Dieser gen Osten gelegene Eingangsflügel ist eingeschossig, wohingegen die angrenzenden Nord- und Südflügel jeweils zusätzlich über ein Mezzaningeschoss verfügen. Der westliche Abschluss der kleinen Anlage wurde bereits zur Entstehungszeit des Gebäudes durch eine geschosshohe Mauerwerkswand gebildet, so dass ein geschlossener Innenhof entstanden war.

    Im Laufe seiner nunmehr fast 250-jährigen Nutzungsgeschichte sind im Gebäude, aufgrund wiederholter Nutzungsänderungen, eine Vielzahl von kleineren baulichen Eingriffen vorgenommen worden und Anbauten realisiert. Noch im 18. Jahrhundert entstanden mehrere bauliche Erweiterungen im Hof und eine Umnutzung des Gebäudes zum Kastellanhaus. Hierbei erfolgten erste Veränderungen des friderizianischen Grundrisses. Ferner wurde 1889 westlich der Dreiflügelanlage ein eingeschossiger, parallel und in einem Abstand von ca. acht Metern zur westlichen Hofbegrenzungsmauer verlaufender, Erweiterungsbau realisiert. Dieser wurde als „Kaiserliches Baubüro“ nach Entwürfen des damaligen Hofinspektors Franz Haeberlin errichtet. Im 20. Jahrhundert dienten Teile des Gebäudes Wohnzwecken, auch beherbergte das Gebäudeensemble Büro- und Lagerflächen sowie in den 1950er Jahren eine Wäscherei. Trotz seiner zahlreichen baulichen Eingriffe und Veränderungen in seiner Nutzung blieb die ursprüngliche barocke Bausubstanz der Gebäude über die Jahrhunderte weitestgehend erhalten.

    Neue Besucherhalle und Eingangspavillon

    Durch das Hinzufügen eines Baukörpers zwischen dem Gontardschen Wachgebäude und dem westlichen Erweiterungsbau von Haeberlin entstand ein neuer, nach Süden orientierter Eingangspavillon. Dieser bildet das Foyer des neuen Besucherzentrums und ist Verbindungsglied zwischen dem zentralen Besucherbereich und den Servicebereichen im ehemaligen Kaiserlichen Baubüro. Der knapp acht Meter breite Pavillon ist in seiner Größe und Materialität aus Stahl und Glas bewusst zurückhaltend gestaltet worden und als zeitgemäßer Erweiterungskörper des 21. Jahrhunderts deutlich erkennbar. Aufgrund seiner gewählten Proportionen und fügt sich das Volumen behutsam in das historische Ensemble ein. Auf einer Fläche von 85 m² befinden sich in ihm eine Espressobar mit einem kleinen, von einer Pergola eingerahmten Hof, sowie Garderoben und Schließfächer für die Besucher.

    Der ehemals offene Innenhof des Gontardbaus wurde mit einer frei tragenden Stahlkonstruktion mit umlaufendem Lichtband überdacht. Die dadurch entstandene 270 m² große Halle bietet Platz für den Empfang von Reisegruppen, den Ticketverkauf und den Museumsshop. Die angrenzenden historischen Räume im Erdgeschoss beherbergen unter anderem eine „Wissenskammer“ in der den Besuchern mit Terminals individuell der Zugang zu den umfangreichen digitalen Informationen zu Geschichte, Park und Gebäuden möglich ist. Verschiedene Medienanwendungen, wie ein interaktives Touch-Table- Modell des Parks Sanssouci, geben den Besuchern die Möglichkeit sich über die Sehenswürdigkeiten im Umfeld umfassend zu informieren. Weiterhin gibt es Bereiche für die Museumspädagogik, Werkstätten und Aufenthaltsräume für das Personal.

    Ebenso wie der neue Eingangspavillon, welcher sich als zeitgemäße Ergänzung des historischen Erbes darstellt, zeigt sich auch die neue Besucherhalle mit ihrer modernen Dachkonstruktion in einem zeitgemäßen Design hinsichtlich der gewählten Materialität und Ausstattung. Lichte bis dunkle Grautöne, sowie klares weiß für alle baulichen Neuerungen, wie der Hallenboden, das Dach und die neue Möblierung zeugen von Modernität und lassen gleichzeitig die behutsam instandgesetzte historische Substanz mit ihrer heute wieder erlebbaren bauzeitlichen Farbigkeit in einem Ocker-Rosé-Ton klar zur Geltung kommen.

    Neue Anlagen für Heizung, Lüftung und Kabel wurden für die Besucher weitestgehend unsichtbar in einem schmalen als Installationsraum genutzten Bereich zwischen den historischen Außenwänden und dem neuen Hallendach untergebracht. Dazu gehört die Luftführung zu den Zu- und Abluftgittern, die Verkabelung der Hallenbeleuchtung, die Entrauchungsöffnungen und Rauchmelder.

    Eine besondere Herausforderung war die Sicherstellung des Besucherkomforts im Bereich des überdachten Hofes. Eine Besonderheit des Hofs ist die komplexe thermische Kombination von Wärmelasten, die durch die Glasstreifen im Dach, die viel Licht aber auch viel Wärme herein lassen, entsteht. Temperatur und Luftverteilung wurden über eine thermische Strömungssimulation in der Planungsphase überprüft. Die Funktionsweise der technischen Lösung in Kombination mit der Dachverglasung ist durch moderne 3D Simulationsverfahren erfolgreich nachgewiesen worden. Die minimalistische Lüftungsstrategie hat wesentlich dazu beigetragen, den klaren Charakter des Raumes zu schaffen.

    Denkmalgerechte Instandsetzung der Gebäudesubstanz

    Die Aufgabe, das freistehende Baudenkmal zu einem zentralen Anlaufpunkt für Parkbesucher umzubauen, erforderte den Rückbau der Anbauten, die Konservierung historischer Raumfassungen, die Fassadensanierung und die Restaurierung der Fenster sowie historischer Wand- und Fenstervertäfelungen. Prämisse dabei war das Bauwerk unter höchstmöglicher Substanzschonung und unter der Einhaltung denkmalverträglicher Sanierungsverfahren für die neue Nutzung herzurichten.

    Unter Berücksichtigung der historischen Bauforschung erfolgte die Instandsetzung der Bausubstanz und der Baukonstruktion nach den Vorgaben der Denkmalpfleger und Restauratoren der SPGS.

    Im Zuge der projektbegleitenden Bauforschung wurde eine Musterachse am Wachgebäude erstellt, um die Zusammensetzung der historischen Fassadenmaterialien zu ermitteln . Dabei gelangten Denkmalpflege und Planer zu neuen Erkenntnissen zur Dachkonstruktion des Gebäudes: Das Wachgebäude wurde ursprünglich zunächst mit einer Pultdachkonstruktion errichtet. Der restauratorische Befund im Bereich der Musterachse ließ jedoch deutlich erkennen, dass die Dachkonstruktion bereits kurze Zeit nach der Fertigstellung, circa im Jahr 1784, und nicht wie bislang angenommen, viel später, zum heute vorgefundenen Satteldach umgebaut wurde. Aufgrund dieser Feststellung konnten die Ergebnisse der Bauforschung fortgeschrieben werden. Das Satteldach wurde als erhaltenswert eingestuft.

    Die historische Dacheindeckung mit Biberschwanzziegeln blieb ebenfalls weitgehend erhalten. Nicht erhaltenswerte Ziegel konnten durch historische Ziegel einer Berliner Kirche ergänzt werden. Als Besonderheit konnte der bauzeitliche friderizianische Dachstuhl aufgrund seines guten Zustands erhalten werden. Nicht mehr tragfähige Holzbalken wurden ausgetauscht.

    Auch der westliche Erweiterungsbau, das Kaiserliche Baubüro aus dem Jahr 1889, wurde substanzschonend nach den Vorgaben der Denkmalpflege von Grund auf saniert. Dieser Gebäudeteil beherbergt verschiedene haustechnische Bereiche und Sanitäranlagen für die Besucher.

     

  • Kristina Baum
    Sabine Hadrossek
    Maren Kirmse
    Ljudmila Martens
    Rocco Senf
    Sylvia Wallau

    Fotografen:
    Tomek Kwiatosz, Berlin
    Andreas Meichsner, Berlin

  • Potsdamer Neuste Nachrichten „Stahl und Glas auf barocken Mauern“ 16.06.2012

    Potsdamer Neuste Nachrichten „Überraschend großzügig“  30.03.2013

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BESUCHERZENTRUM AM NEUEN PALAIS

Standort
Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam